Von der Einsamkeit

Gatsby steht mit einem Glas Whisky auf seiner Terasse, als Nick Caraway zu ihm kommt.

Ich stand monatelang allein auf meinem Balkon und betrank mich ruhig und stetig, und niemand kam.

Das ist das Problem mit der Einsamkeit: Um sie darstellen zu können braucht es andere Menschen, Beobachter. Aber in der Realität ist man eben einfach einsam.

Mit Verspätung: Auf dem WGT – Und ganz frisch: gONZo-Lesung

Wenn man mit der großartigen Luci van Org & der nicht minder großartigen Claudia Rapp eine Lesung bestreiten darf, dann zögert man nicht, sondern setzt sich in den Zug nach Leipzig.

So geschehen Pfingsten, nach vielen Wochen im Exil und entsprechend unglaublich mies vorbereitet.

Wenn man außer einem Künstler-Bändchen für das WGT (jepp: Ich bin jetzt hochoffiziell KÜNSTLERIN) & einem Getränk am Auftrittsort nix kriegt, dann bemüht man sich, zumindest ein paar Bücher loszuschlagen und ein paar Konzerte zu besuchen.

Beides klappte aufgrund vorerwähnter mangelhafter Planung – zu wenig Bücher am Start, massiv verpeilt – nur mäßig. Trotzdem war es toll.

Luci & Roman, die Meystersinger, sind hochprofessionell, können wunderbar improvisieren & kommen selbst mit hochgradig verkaterten, übermüdeten & übelkeitsgeplagten Mitautorinnen klar.

Vielen Dank euch beiden!

Eure Performance war unwahrscheinlich gut, eure Lieder machen Spaß & berühren – immer im Wechsel.

Verwirrend, wundervoll.

Lucis Buch wird sicher ein Hit — ich für meinen Teil werde es lesen, sobald es erscheint.

(Dies ist als ausdrückliche Bitte um Wiederholung zu lesen!)

Claudia hat mal wieder bewiesen, dass man auch nach Aufzucht zweier Kinder noch Rock’n’Roll sein kann & trotz galoppierenden Elends eine ziemlich gute Performance abgeliefert.

Weiter so, Babe!

(Ich verspreche, dass wir es nächstes Mal nicht so arg übertreiben – zumindest nicht VOR dem Auftritt…)


Nicht ganz so lang her ist eine absolute Highlight-Lesung dieses Jahres:

Der frischgeliebte Herr Gaffory und meine Wenigkeit durften mit vier Kollegen vom gONZo-Verlag den Auftaktabend der Mainzer Minipressen-Messe bestreiten, in der gemütlich-urigen Dorett-Bar im schönen Mainzer Bleichenviertel.

Stefan machte den Anfang: Wie gewohnt trug er seine Hasstexte souverän & völlig nachvollziehbar vor – es gab keinerlei Bombendrohung verirrter Dylan-Fans.

(Auch lauerte uns nachts niemand in einer der zahlreichen dunklen Ecken der Neustadt auf, um uns zu verprügeln, die Schreibhand abzuhacken oder uns als immerwährende Folter Dylan in Dauerschleife an die Ohren zu tackern.)

Hermann Borgerding trug traumhafte Liebesgedichte vor, die offensichtlich tiefen Eindruck beim Publikum hinterließen – ich hörte in den folgenden Tagen noch viel Lob.

(Ich durfte Hermann Borgerding treffen! In echt & lebendig & gut gelaunt & so!)

Er hat sich übrigens hier ebenfalls zur Lesung geäußert —

Robsie Richter erfreute mit Real-Life-Kannibalen, Till Fommelt las mich (lachenderweise) unter den Tisch & Eva Szulkowski beeindruckte mit einem gekonnt-empathischen Vortrag — weiter so, Eva!

Ausreißer?? NeinNein – wir waren alle GUT, so RICHTIG.

(Vielleicht ein bisschen arg nüchtern, aber irgendwas ist ja immer.)

Auch hier: Wiederholung, bitte, unbedingt!

Might Contain Emotion

Es ist langelange nix passiert hier — das liegt nicht daran, dass im schönen Wiesbaden Stillstand herrschen würde (dem ist schließlich immer so…), das liegt nur daran, dass ich eine faule Sau bin, die gerade mit Arbeit zugeschüttet wird. Irgendwas fällt eben immer hinten runter, zum Beispiel diese Seite hier.

Ich gelobe Besserung.

Gegen allzu große Sehnsucht hilft nun aber auch das wundervolle Portal indieberlin, für das ich neuerdings Rezensionen beisteuern darf.

Zum Beispiel diese hier zu Amandas Palmers literarischem Debüt „The Art of Asking“.

Mehr wird folgen.

Bestimmt.

Bald.

Tales from the Madhouse

Wenn man die Pökelfleisch-Einlage aus der Suppe popelt, um sie „Kamelle! KAMELLE!“ brüllend vom Balkon zu werfen,

wenn man mit der brennenden Kippe im Mund den Fuß hinter den Kopf knotet, bis man über den Krankenwagen-Parkplatz rollt,

wenn man Transport-Rollbretter zu Skateboards umfunktioniert und mitten in der Nacht damit die Tiefgarage invadiert,

wenn man erfolgreich illegale Taubenkämpfe veranstaltet,

wenn man Containerschiffe mit übers Wasser flitschenden Steinen beschießt, auf dass sie leckschlagen und versinken mögen,

wenn man feststellt, dass das angebliche Bistro „L’Amuse-bouche“ in Wahrheit ein Special-Interest-Puff sein muss,

wenn die frischen Quarkbällchen nur wegen ganz bestimmter Eier so köstlich geworden sein können,

wenn die Schwangeren von der Strickgruppe Contergan einnehmen, weil sie „keine Ärmel können“,

wenn auf den Tischen im Speisesaal Protest-Yoga stattfindet, ehe man nackt in der Kapelle das Kruzifix anzündet und im Weihwasserbecken badet,

wenn alle auf einmal Steffen heißen,

 

wenn all das passiert, obwohl keinerlei Alkohol im Spiel ist — kann es dann sein, dass die moderne Psychiatrie den Einsatz von Medikamenten ein klein wenig übertreibt?

KALENDARIUM in Wiesbaden!

Am 09. Mai feiert die Galerie esc-space in Wiesbaden ihr 9. Frühjahrsfest – und <dE/mutE> und meine Wenigkeit dürfen als KALENDARIUM auftreten!

Emanuel-Geibel-Str. 12, Ecke Herderstraße, Beginn 19 Uhr. KALENDARIUM legen los, sobald es dunkel wird.

Das Event wird in der Galerie selbst und auf dem hübschenkleinen Platz davor stattfinden, wir werden zu viel trinken und lachen, und am Ende kauft bitte jeder noch ein Bild.

See you!

DreckSack

Manchmal geschehen schöne Dinge – zum Beispiel wird ein Text abgelehnt, aber die Blog-Ergüsse für geil befunden.

Damit – und mit einem neuen Text – bin ich nun also in der aktuellen Ausgabe des DreckSack vertreten.

Die Fenster der Stadt V – Eine Begegnung

Er ist der Mann mit der schönen Stimme, der so schöne Worte kennt und sie so kunstvoll aneinanderreiht. Ein bisschen Ehrfurcht schwingt in mir, als ich ihn ansehe.

Er hat ein Doppelkinn.
Und einen Bauch.
Und ganz dünne Beine.
Er ist nicht mehr jung, aber auch noch nicht alt, das sieht man. Man sieht auch, dass sein Geist noch jung ist, wach und klug, denn seinen Zügen fehlt die knöcherne Verbitterung, die so viele Leute haben.
Man sieht, dass er Angst hat.

Wir stehen nackt voreinander, in all unserer glorreichen Unvollkommenheit:
Sein Bauch, mein Hüftspeck, sein Doppelkinn, meine Brüste, die mal straffer waren, klein & prall, und nun mehr und mehr dem Alter nachgeben wollen. Seine Muttermale, meine dunklen Körperhaare, sein lichter werdendes Haar, meine delligen Schenkel.

Wir sehen uns an, seine Augen blaue Brunnen, und sind ganz vorsichtig, als wir uns berühren – er ist wunderschön, genau wie ich, in diesem Moment der Annäherung.

Sein erigiertes Glied ist ein bisschen schief & mein Bauch gezeichnet von der merkwürdigen Falte, die sich eindrückt und rot wird, wenn ich den ganzen Tag sitze und dabei nicht aufrecht genug bleibe. Sein abstehender kleiner Zeh, meine abgebrochenen und angekauten Fingernägel. Sein ungleichmäßiger Bartwuchs, die Härchen auf meinen Fingerknöcheln.

Er küsst mich, und nur seine Lippen zählen noch, weich & warm & rot & genau das, was meine Lippen jetzt fühlen wollen. Ich muss mich runter beugen, denn er ist zu allem Überfluss kleiner als ich, doch im Liegen, spätestens dann, ist auch das egal.

Der Duft seiner Haut, das Kitzeln seines Atems auf meiner Wange, der Geschmack seines Speichels, seine Fingerspitzen, die regelrecht ehrfürchtig meinen Hintern berühren.
‚Dicker Hintern,‘ denke ich, ‚mit Dellen,‘ als die Lust mich übermannt.

Wie liegen, wir fließen, wir riechen & lecken & küssen & tasten & wir sind schön, perfekt in unserer Vereinigung, und als wir schwer atmend auseinander gehen, verschwitzt, zerzaust, da liegt neben mir der Eine, der berühmte Eine, einer von den Guten, wenigstens für diesen Moment.

Am nächsten Tag steht er am Fenster, noch immer nackt, noch immer unvollkommen, streckt sich, kratzt sich, steckt sich eine Zigarette an. Ehe mich die Realität einholt & mich der Ekel der Oberflächlichkeit packen kann, dreht er sich um, lächelt sein unvergleichliches Lächeln und begrüßt mich mit der schönen Stimme, mit seinen schönen Worten, und ich bin verloren.

Buchmesse Leipzig 2015

Du drängelst Dich durch schlendernde Menschenmassen. Du kommst genervt irgendwo an.

Es gibt Bier. Es gibt Rum. Manchmal gibt es Wein.

Auf einmal erkennen Dich die Leute, die, die Du schon vor drei Jahren unter ganz ähnlichen Umständen getroffen hast, und danach nochmal woanders und dann wieder woanders, und von denen Du eigentlich dachtest, sie würden sich nie merken, wer Du bist.

Und dann führst Du Gespräche über Traktor-Legenden und Sammelheftchen, Curling, die schönsten Bahnstrecken Deutschlands, Techniken der Ausweidung und Weihnachts-Besäufnisse und weißt: Hier bin ich richtig, hier setze ich mich mal in den Weg.

Ehe Du weißt, was überhaupt passiert ist, liest Du Leuten Dinge vor und lässt Dir vorlesen und kriegst Komplimente und Schnaps. Du entwickelst eine fast schon unheimliche Faszination für diese Fremden. Und dann wachst Du auf und wurdest bemerkt, die Faszination könnte eine Gegenseitige sein, und vielleicht wird doch noch alles gut und bunt.

Dann stehst Du wieder irgendwo, liest irgendwas, bekommst irgendwas vorgelesen, lachst und freust Dich und kriegst Komplimente und Essen.

Dann bist Du wieder zuhause, kannst nicht schlafen, weil Du die ganze Zeit lachen willst, liest in die leere Luft, denn Du bist wieder allein und nachdem Du endlich geschlafen hast, ist auch nichts klarer als vorher.

Aber das war es wert.

Die nächsten Rumwaffeln brauchen bitte Zimt.

 

Ausführlicher gibt es das Ganze bei der Spelunkenjenny.

FLEDERMAUSLAND!

Hola meine lieben Leser — heute spare ich mir vielviel Arbeit und verweise einfach auf Susann Klossek:

Frisch ab Presse!

Gerne darf man auch bei mir Bestellungen loswerden, ich besorge die dann bei Miss GonZo.

Grüße & bis nächste Woche in Leipzig!

Blöcke

„Du sollst schreiben!“, denke ich, als ich aufwache.

„Du sollst schreiben!“, sagt meine Mitbewohnerin, als ich mir die dritte Tasse Tee hole und sie zunehmend bemüht in ein Gespräch zu verwickeln suche.

„Du sollst schreiben!“, sagt mein Computermonitor und blinkt vorwurfsvoll.

„Schreiben, schreiben!“, rufen die Stadttauben auf dem Balkon und wollen meine Kippe stehlen.

Resigniert setze ich mich auf die Couch und versinke in einer Fernsehserie, die ich schon oft gesehen habe.

„Morgen solltest Du schreiben!“, denke ich.