Worum geht’s eigentlich in deinem neuen Buch? – 3

Bisher mag der Eindruck entstanden sein, es ginge im neuen Buch nur darum, zu viel zu trinken oder die Uni zu schmeißen. Das ist nur halb richtig. Es geht auch um das Suchen und Finden von Liebe:

 

So ein Leben in der Fremde kann sehr schnell einsam werden, da hat jeder neue Bekannte das Potential zum Seelenverwandten.
»Verdammte Stadt, eigentlich«, setzte Pit an, als ich gerade mit einer zweiten und dritten Flasche Wein vom nahen Billig-Supermarkt zurückkam. »Verdammtes Land sogar. Dieses Klopapier. Ich meine, was soll das? Es ist höchstens zweilagig, und es sind zwei dünne Lagen. Das ist doch total lächerlich! Im Krankenhaus wird man erst behandelt, wenn man schon halbtot ist, ansonsten kriegt man Schmerzmittel und muss warten. Waschmittel reicht nur für 25 Wäschen, egal, wie groß die Flasche ist. Essen ist teuer, dafür sind Kippen billig und Alkohol auch.
Und jeder dieser elenden Genueser hat einen Hund und jeder dieser Hunde scheißt einfach so auf die Straße, was natürlich niemand wegmacht, außer es regnet, dann kommt es einem entgegen, wenn man den Berg hochläuft. Genueser ohne Hund haben garantiert schreiende Kinder dabei, laut schreiende Kinder, die alles dürfen.
Rauchen ist überall verboten und die Italiener behaupten, das würde ihnen gefallen. Mag im Sommer ja auch stimmen. Ich bin gespannt, wie sie im Winter reden, wenn sie frierend auf der Straße stehen, um ihr Nikotin zu kriegen.«
Dann war er unvermittelt wieder still. Ich nahm ihn mitfühlend in den Arm.

 

Hier gibt es mehr.

Worum geht’s eigentlich in deinem neuen Buch? – 2

Nicht nur um Fäkalien, nein, es geht auch um die Widrigkeiten des Universitätslebens. Zum Beispiel die Anmeldung zu Semesterbeginn.

Im Moment wurde der Glückspilz mit der Nummer 351 von der übellaunigen, dicken Sekretärin abgefertigt, die sich offenbar exklusiv um die ausländischen Studierenden kümmern sollte. Auf meinem Zettel stand 512. Seufzend ging ich vor die Tür, um eine Zigarette zu rauchen. Auf dem Weg wich ich einem jungen Mann aus, der wirkte, als säße er schon immer hier: In einen dreckigen Parka gewickelt starrte er stumm vor sich hin, den Zettel mit der Nummer schlaff in der Hand, die Beine in grauen Jeans halb unter sich gezogen. Sein Bart war erstaunlich lang und fusseliger, als ein Bart natürlicherweise sein sollte. Er roch erbärmlich. Ein kunstvolles Spinnennetz spannte sich zwischen seinem Kopf und der Wand.
Draußen traf ich auf zwei Mädchen, eines davon in einem T-Shirt mit dem unverkennbaren Logo des FC St. Pauli. Ich freute mich heimlich über die Deutschen – Erasmus ahoi! – und bot Zigaretten an. Die beiden musterten mich verständnislos und drehten sich weg. Verwirrt stand ich da, die Kippenpackung noch offen vor mir ausgestreckt. Gerade wollte ich es auf Italienisch versuchen, da murmelte die eine etwas wie »Komische Typen gibt’s«, und die andere lachte.
Sie entfernten sich ein paar Schritte, doch ich konnte sie immer noch reden hören – Deutsch reden hören. Ich wollte gerade nach Steinen suchen, um die dämlichen Ziegen damit zu bewerfen, da sah ich durch die Glastür, dass gerade die Nummer 508 aufgerufen wurde. Meine zuständige Sachbearbeiterin schien trotz ihrer offensichtlichen Aversion gegen ihren Job und ihre schier unglaubliche Körperfülle der Fleiß in Person zu sein. Schnell trat ich meine halb gerauchte Zigarette aus und eilte zurück.

Worum geht’s eigentlich in deinem neuen Buch?

Gute Frage. Zum Beispiel um Dinge, die nachts am Hafen passieren können:

»ICH BIN HILO!«
Ein Schrei riss mich aus meiner drogen- und alkoholinduzierten Lethargie.
»Ich bin hilo!« Marian stand mit erhobenen Armen und weit gespreizten Fingern am Strand, direkt an der Wasserlinie, das Gesicht uns ab- und dem Meer zugewandt, hinter dem die Sonne gerade zaghafte erste Strahlen über den Horizont schob. Seine Hose hatte er in der Zwischenzeit wieder angezogen, was mich aus irgendwelchen Gründen ungemein beruhigte. Wie wir zurück an den Strand gekommen waren, wusste ich nicht. Ich bezweifelte, dass die anderen eine Ahnung hatten. Ich war nass.
»Hilo«, schob er kläglich hinterher.
»Like a halo in reverse«, grölte Pit und rollte sich auf die Seite. »Halo? Du bist halo? Wie geht das denn?«, fragte er interessiert.
»Was?« Verwirrt drehte Marian sich um und ließ dabei die Arme sinken.
»Hilo«, berichtigte ich kichernd und wankte zu Marian, »hilflos, Mann, der kleine Marian möchte aus dem Spielparadies abgeholt werden. Komm her, ich helfe dir.«
Marian ergriff meine beiden Hände und schaute mich verschwörerisch an. »Bring mich irgendwo hin, wo ich scheißen kann«, flehte er.
Pit kugelte sich vor Lachen und auch ich konnte mich kaum noch beherrschen, meine Knie gaben nach und ich zog Marian zu mir herunter.
»Ich mein’s ernst! Es tut weh!«, jammerte er und holte mich wieder auf die Füße.
»Okay«, stammelte ich zwischen zwei Lachanfällen. »Okay, wir gehen scheißen, kein Problem. Komm einfach mit.«
Ich zog ihn hinter mir her, vergewisserte mich, dass Pit uns ebenfalls folgte und trottete mit den beiden zu den öffentlichen Toiletten am alten Hafen.

Mehr in den nächsten Tagen oder eben in dem wunderschönen Buch!

ZUR SACHE, SCHÄTZCHEN!

Kommende Woche werde ich nicht nur die Buch Berlin besuchen, sondern auch mit meinen wundervollen Kolleginnen Claudia Rapp und Luci van Org eine Lesung bestreiten:

Um die Wartezeit auf eine regelmäßige Literatur-Revue zu überbrücken, gibt es am Samstag, den 28. November zunächst einen kleinen, feinen, schrägen Late-Night-Leseabend mit Luci van Org (ehemals Lucilectric, jetzt Üebermutter und eine Hälfte von Meystersinger, sowie Autorin von bisher zwei Romanen), Simona Turini (Autorin von Horror und abgründigen Geschichten, Lektorin und Rotweintrinkerin) und Claudia Rapp (Übersetzerin, Autorin, verhindertes Groupie, und bei indieberlin vor allem zuständig für deutsche Literatur).

Wieso schräg und wieso Late Night? Ganz einfach. Wir lesen diesmal nur die „interessanten“ Stellen. Das bedeutet vor allem Sex, vielleicht auch Tod und Teufel, Götter und Geister, Märchen und Mord. Vor allem aber Sex. Zwischendurch können musikalische Einlagen passieren. Kommt auf die Stimmung an.

Wir freuen uns also auf neugierige, gierige Zuhörer am Samstag den 28.11. ab 20:30 im Hinterzimmer des Posh Teckel, Pflügerstr. 4, Neukölln (U8 Schönleinstr. oder U7/U8 Hermannplatz) Eintritt 5 Euro. Außerdem verlosen wir zwei mal zwei Freikarten. Einfach bis 25.11. eine E-Mail an claudia at indieberlin dot de mit dem Betreff „Late Night“ senden.“

Mitmachen! Hinkommen!

Mit Verspätung: Auf dem WGT – Und ganz frisch: gONZo-Lesung

Wenn man mit der großartigen Luci van Org & der nicht minder großartigen Claudia Rapp eine Lesung bestreiten darf, dann zögert man nicht, sondern setzt sich in den Zug nach Leipzig.

So geschehen Pfingsten, nach vielen Wochen im Exil und entsprechend unglaublich mies vorbereitet.

Wenn man außer einem Künstler-Bändchen für das WGT (jepp: Ich bin jetzt hochoffiziell KÜNSTLERIN) & einem Getränk am Auftrittsort nix kriegt, dann bemüht man sich, zumindest ein paar Bücher loszuschlagen und ein paar Konzerte zu besuchen.

Beides klappte aufgrund vorerwähnter mangelhafter Planung – zu wenig Bücher am Start, massiv verpeilt – nur mäßig. Trotzdem war es toll.

Luci & Roman, die Meystersinger, sind hochprofessionell, können wunderbar improvisieren & kommen selbst mit hochgradig verkaterten, übermüdeten & übelkeitsgeplagten Mitautorinnen klar.

Vielen Dank euch beiden!

Eure Performance war unwahrscheinlich gut, eure Lieder machen Spaß & berühren – immer im Wechsel.

Verwirrend, wundervoll.

Lucis Buch wird sicher ein Hit — ich für meinen Teil werde es lesen, sobald es erscheint.

(Dies ist als ausdrückliche Bitte um Wiederholung zu lesen!)

Claudia hat mal wieder bewiesen, dass man auch nach Aufzucht zweier Kinder noch Rock’n’Roll sein kann & trotz galoppierenden Elends eine ziemlich gute Performance abgeliefert.

Weiter so, Babe!

(Ich verspreche, dass wir es nächstes Mal nicht so arg übertreiben – zumindest nicht VOR dem Auftritt…)


Nicht ganz so lang her ist eine absolute Highlight-Lesung dieses Jahres:

Der frischgeliebte Herr Gaffory und meine Wenigkeit durften mit vier Kollegen vom gONZo-Verlag den Auftaktabend der Mainzer Minipressen-Messe bestreiten, in der gemütlich-urigen Dorett-Bar im schönen Mainzer Bleichenviertel.

Stefan machte den Anfang: Wie gewohnt trug er seine Hasstexte souverän & völlig nachvollziehbar vor – es gab keinerlei Bombendrohung verirrter Dylan-Fans.

(Auch lauerte uns nachts niemand in einer der zahlreichen dunklen Ecken der Neustadt auf, um uns zu verprügeln, die Schreibhand abzuhacken oder uns als immerwährende Folter Dylan in Dauerschleife an die Ohren zu tackern.)

Hermann Borgerding trug traumhafte Liebesgedichte vor, die offensichtlich tiefen Eindruck beim Publikum hinterließen – ich hörte in den folgenden Tagen noch viel Lob.

(Ich durfte Hermann Borgerding treffen! In echt & lebendig & gut gelaunt & so!)

Er hat sich übrigens hier ebenfalls zur Lesung geäußert —

Robsie Richter erfreute mit Real-Life-Kannibalen, Till Fommelt las mich (lachenderweise) unter den Tisch & Eva Szulkowski beeindruckte mit einem gekonnt-empathischen Vortrag — weiter so, Eva!

Ausreißer?? NeinNein – wir waren alle GUT, so RICHTIG.

(Vielleicht ein bisschen arg nüchtern, aber irgendwas ist ja immer.)

Auch hier: Wiederholung, bitte, unbedingt!

Zwischenruf zur Buchmesse

Leiderleider bin ich noch nicht berühmt genug, um auf der Frankfurter Buchmesse als Stargast auftreten oder zumindest eine Podiumsdiskussion bestreiten zu können.

(Ändert das!)

Bis es soweit ist, gebe ich mich mit der ebenfalls ziemlich coolen Buchmesse Convention im idyllischen Dreieich zufrieden. Dort könnt Ihr mich Samstag am Stand des Amrûn-Verlags treffen. Wer nett ist und mir Alkohol oder Pizza bringt, kriegt auch eine persönliche Widmung 😉

See you!