Er ist der Mann mit der schönen Stimme, der so schöne Worte kennt und sie so kunstvoll aneinanderreiht. Ein bisschen Ehrfurcht schwingt in mir, als ich ihn ansehe.
Er hat ein Doppelkinn.
Und einen Bauch.
Und ganz dünne Beine.
Er ist nicht mehr jung, aber auch noch nicht alt, das sieht man. Man sieht auch, dass sein Geist noch jung ist, wach und klug, denn seinen Zügen fehlt die knöcherne Verbitterung, die so viele Leute haben.
Man sieht, dass er Angst hat.
Wir stehen nackt voreinander, in all unserer glorreichen Unvollkommenheit:
Sein Bauch, mein Hüftspeck, sein Doppelkinn, meine Brüste, die mal straffer waren, klein & prall, und nun mehr und mehr dem Alter nachgeben wollen. Seine Muttermale, meine dunklen Körperhaare, sein lichter werdendes Haar, meine delligen Schenkel.
Wir sehen uns an, seine Augen blaue Brunnen, und sind ganz vorsichtig, als wir uns berühren – er ist wunderschön, genau wie ich, in diesem Moment der Annäherung.
Sein erigiertes Glied ist ein bisschen schief & mein Bauch gezeichnet von der merkwürdigen Falte, die sich eindrückt und rot wird, wenn ich den ganzen Tag sitze und dabei nicht aufrecht genug bleibe. Sein abstehender kleiner Zeh, meine abgebrochenen und angekauten Fingernägel. Sein ungleichmäßiger Bartwuchs, die Härchen auf meinen Fingerknöcheln.
Er küsst mich, und nur seine Lippen zählen noch, weich & warm & rot & genau das, was meine Lippen jetzt fühlen wollen. Ich muss mich runter beugen, denn er ist zu allem Überfluss kleiner als ich, doch im Liegen, spätestens dann, ist auch das egal.
Der Duft seiner Haut, das Kitzeln seines Atems auf meiner Wange, der Geschmack seines Speichels, seine Fingerspitzen, die regelrecht ehrfürchtig meinen Hintern berühren.
‚Dicker Hintern,‘ denke ich, ‚mit Dellen,‘ als die Lust mich übermannt.
Wie liegen, wir fließen, wir riechen & lecken & küssen & tasten & wir sind schön, perfekt in unserer Vereinigung, und als wir schwer atmend auseinander gehen, verschwitzt, zerzaust, da liegt neben mir der Eine, der berühmte Eine, einer von den Guten, wenigstens für diesen Moment.
Am nächsten Tag steht er am Fenster, noch immer nackt, noch immer unvollkommen, streckt sich, kratzt sich, steckt sich eine Zigarette an. Ehe mich die Realität einholt & mich der Ekel der Oberflächlichkeit packen kann, dreht er sich um, lächelt sein unvergleichliches Lächeln und begrüßt mich mit der schönen Stimme, mit seinen schönen Worten, und ich bin verloren.