Ein neuer Roman ist im Entstehen begriffen – schon seit nunmehr drei oder vier Jahren. Aber weil ja immer irgendwas ist, dauert es wohl noch, bis ich ihn auf die Welt loslassen kann. Ich gelobe mehr Fleiß & hoffe auf Fertigstellung 2020.
Weil es wieder ein Fragment-Roman wird, hier ein paar der (ungeordneten) Fragmente.

»Die Köder waren winzige transparente, leicht silbrige Fischchen. Als ich den Fischer fragte, ob er die alle gefischt habe, erwiderte er nein, die einen, die großen, seien die Eltern, und die kleinen die Jungen. Und die großen habe er tatsächlich gefischt, die kleinen in einer Fischhandlung in Frascati gekauft. Die seien nicht zum Essen, die dienten nur als Köder.« (Roberto Bolaño, Lumpenroman)

Die Trauer, so scheint es manchmal, ist unendlich, ewig. Sie will mich nicht verlassen und vielleicht – in einer der zahlreichen Ecken meines Seins – will ich sie auch nicht loslassen.
Die Trauer ist jetzt schon so lange bei mir, dass es mir vorkommt, als sei sie ein Teil von mir. Sie ist so lange bei mir, dass ich nicht einmal sagen kann, ob sie ein großer Teil von mir ist oder nur ein unbedeutender, winziger Fleck auf meinem Bewusstsein, ein Fleck, der sich manchmal in mein Gesichtsfeld schiebt und wie ein Staubkorn auf einer Fotolinse alles verdeckt, was ich eigentlich sehen will, und plötzlich so riesig wirkt, als gehörte ihm das Universum.
Es ist meine Trauer, manchmal zumindest, und manchmal bin ich ein Mensch, der der Trauer gehört, und dann – so rätselhaft mir ihr Ursprung und ihr Weg auch scheinen mögen – dann ist ganz klar, dass ich keine Chance habe, dem zu entkommen, dann weiß ich, dass es immer so weitergehen wird, und dann wird es dunkel um mich – nicht gleißend hell, bis keine Ruhe mehr möglich ist – nein, es wird dunkel, eine Finsternis, die unbeschreiblich, unerträglich und – seltsam genug – frei von Angst ist. Denn auch das gehört zu der Trauer: Die Angst hat in ihr keinen Platz.
Die Trauer ist schon lange bei mir. Nicht, seit ich denken kann, aber sie kam kurz danach. Sie ist schon so lange bei mir, dass ich nicht mehr weiß, ob sie immer da ist oder nur ab und zu, dass ich nicht mehr weiß, ob sie ständige Begleiterin oder sporadische Besucherin ist.
Was ich weiß, ist, dass ich nicht immer Platz für sie machen will.
Mein Leben ist nicht ständig dunkel. Da ist auch Wut. Da ist auch Freude. Da ist etwas, das man vielleicht am ehesten zum Galgenhumor zählen kann.
Und die Weigerung, zu akzeptieren, dass meine Trauer, die elende, elende Trauer, mich zum Köderfisch degradiert.

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